Epigenetik

Epigenetische Spuren aus der intrauterinen Zeit 

On top of Genetics: Was ist Epigenetik?

Die Erbinformation liegt in Form von Genen in der DNA. Die DNA kann man sich sehr vereinfacht wie eine Abfolge von Buchstaben in einem Buch vorstellen, und die Wörter sind die Gene. Von einem Gen kann die Information abgelesen und das entsprechende Genprodukt hergestellt werden. Das sind dann Proteine. Das ist Genetik. Die Epigenetik beschreibt Prozesse, die "oben auf liegen". Sie bestimmen, welche Gene offen liegen und zur Produktion von Proteinen zur Verfügung stehen und welche nicht. Manche Seiten im Buch können gelesen werden, und andere Seiten sind eingeklappt.

Epigenetische Prozesse sind erfahrungsabhängig. Bestimmte Erlebnisse führen zum Beispiel dazu, dass das Gen für den Glucocorticoidrezeptor frei liegt und andere dazu, dass es weggepackt und unzugänglich ist. Wenn er frei liegt, gibt es viele solcher Rezeptoren im Gehirn. Ist er weggepackt, so gibt es weniger. Ein Mensch mit vielen solchen Rezeptoren kann auf die Ausschüttung von Cortisol bei einer Stressantwort, das Cortisol mit den Rezeptoren registrieren und daraufhin die Stressantwort zügig wieder drosseln. Ein Mensch mit wenig Glucocorticoidrezeptoren registriert das Cortisol langsamer, und die Stressantwort ist intensiver und flaut nur langsam ab.

Welche Bedeutung haben Erkenntnisse aus der Epigenetik für die Zeit von der Empfängnis bis zur Geburt?

Epigenetische Vorgänge finden in allen Zellen zu jeder Zeit statt. Besonders intensiv sind sie vorgeburtlich. Bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle geschieht ganz viel epigenetische Veränderung. Während der pränatalen Entwicklung differenzieren sich die Zellen durch epigenetische Prozesse durch Informationen aus ihrer Umgebung. Genauso passen sie sich auch an die Umgebung ihrer Welt an: den Körper der Mutter. Viel Stress der Mutter während der Schwangerschaft zeigt sich epigenetisch in den Körperzellen des Kindes und nimmt Einfluss auf die Stressempfänglichkeit des Kindes. Die Art der Geburt, z.B. ob natürlich oder per Kaiserschnitt, wirkt auf die epigenetischen Prägungen des Kindes. Wenn ein Kind nach der Geburt viel gekuschelt wird, ist auch dies epigenetisch auffindbar. Die "epigenetische Uhr" lässt aus unseren Zellstrukturen unser Alter bestimmen. Auf diese Weise gibt die Epigenetik Hinweise darauf, dass unsere Erlebnisse auf wundersame Weise in unseren Zellen Spuren hinterlassen.

Referenzen und mehr dazu finden Sie in dem Artikel "Von der Empfängnis bis zur Geburt" unter dem Menüpunkt Artikel sowie dem dort genannten Buchkapitel.