Medizin

Einblicke aus der medizinischen Forschung

Die epidemiologische Forschung in diesem Bereich ist umfangreich und überschneidet sich teilweise mit der epigenetischen Forschung.  Im Folgenden werden kurz die fünf Lebenszeiträume, präkonzeptionell, konzeptionell, pränatal, perinatal und postnatal aus medizinischer Sicht angesprochen. 

Präkonzeptionell: Die ersten Studien, die untersuchten, wie Umweltfaktoren auf die Gesundheit folgender Generationen wirken, sind die Överkalix-Studien und die Folgen des niederländischen Hungerwinters. Sie zeigen, wie Ernährungsbedingungen und -zustände von Großeltern und Eltern, die Gesundheit und Krankheitsrisiken der Nachkommen beeinflussten. Untersuchungen über Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf folgende Generationen in Tiermodellen berichten beispielsweise von erhöhten Anfälligkeiten für Tumore, metabolische Erkrankungen, Prostata- und Nierenerkrankungen, Immundefekte und Reproduktionserkrankungen.

Konzeptionell: Der epigenetische Einfluss der assistierten Reproduktionstechnologie (ART) weist auf chromosomale und Methylierungsverändenrungen und einer Erhöhung von Imprinting-Defekten hin. Epidemiologisch sind erhöhte Mortalitätsraten und Risiken für Frühgeburten, Geburtsfehler und Missbildungen, Krebs- und psychische Erkrankungen, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Herzfehler und Schilddrüsendysfunktionen sowie möglicherweise Entwicklungsverzögerungen beschrieben worden. 

Pränatal: Die Begriffe „Fetal programming“, „Developmental programming“ und „Developmental origins of health and disease” beschreiben die Auswirkungen von Ernährungs- und endokrinem Status der Mutter, sowie Stress, Depression und Ängstlichkeit der Mutter während der Schwangerschaft auf die Gesundheit des Kindes: es zeigen sich Einflüsse auf die Risiken für Frühgeburten und niedriges Geburtsgewicht sowie für spätere Erkrankungen, wie z.B. Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- und atopische Erkrankungen.  Die psychische Gesundheit betreffend wird berichtet, dass pränataler mütterlicher Stress, Depression oder Ängstlichkeit die gesamte kindliche Entwicklung beeinflussen. Dies schließt die Entwicklung des Nervensystems, Stressvulnerabilität, emotionale Regulationsfähigkeiten, behaviorale Eigenschaften, motorische und kognitive Fähigkeiten und das Risiko Pathologien zu entwickeln ein.

Perinatal: Präpartale Ängstlichkeit und Geburtsangst beeinflussen auch den Geburtsmodus. Sie sind assoziiert mit periduraler Anästhesie, längeren Wehen und Kaiserschnitt. Im Zusammenhang mit der Extended Hygiene Hypothesis (EEH) und der EPIgenetic Impact of Childbirth (EPIIC) Hypothese dokumentiert epidemiologische Evidenz die Kurz- und Langzeitauswirkungen von Kaiserschnitten via veränderter Immun- und Metabolismusfunktionen. Geburten per Kaiserschnitt sind assoziiert mit einem höheren kindlichen Risiko für respiratorische, immunologische, metabolische, kardiovaskuläre, neurologische und Krebserkrankungen.  Medizinische Interventionen, wie Geburtseinleitung und Verstärkung der Wehen, Zangen- und Saugglockenentbindungen sowie Kaiserschnitt, sind mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) verbunden. 

Postnatal:  Innerhalb der ersten Stunde ist bei Neugeborenen eine einzigartige, autonome, sensomotorische Koordination zu beobachten, die im Finden der Brustwarze und Einschlafen mündet: die heilige Stunde. Die WHO empfiehlt diesen Haut-zu-Haut-Kontakt und Stillbeginn innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt. Dabei senken die positiven ernährungsbedingten und immunologischen Auswirkungen die Neugeborenensterblichkeits- und -erkrankungsrate deutlich. Der Haut-zu-Haut-Kontakt hat einen regulierenden Einfluss auf den kindlichen Organismus (Atmung, Herz, Temperatur, Zucker) und die Sensibilität der Mutter sowie positive Effekte auf Stillbeginn und -dauer. Eine Fülle an Studien dokumentiert die positiven Auswirkungen von frühem Stillbeginn und langer Stilldauer auf die spätere Gesundheit, einschließlich weniger Infektionen und höheren Überlebensraten, Schutz vor Ohr-, Zahn- und metabolischen Erkrankungen sowie weniger Leukämie-Inzidenzen und besseren kognitiven Entwicklungen. 

Referenzen und mehr dazu finden Sie in dem Artikel "Von der Empfängnis bis zur Geburt" unter dem Menüpunkt Artikel sowie dem dort genannten Buchkapitel.