Das Licht der Welt erblicken

Ich bin jetzt fertig gebacken, wie findest Du mich?
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Die heilige Stunde
In der ersten Stunde nach der Geburt, kommt das Neugeborene auf der Erde an. Ist es in dieser Stunde in den Armen seiner Mutter an ihrem Herzen so ist etwas Einzigartiges zu beobachten und ein innewohnender Zauber zu erleben: Eine Abfolge von neun Phasen die mit dem Geburtsschrei beginnt. Es folgt ein Entspannen, Erwachen, Bewegen und schauen, Ausruhen, Robben und Lautieren, Vertraut werden und Lecken der Areola, Saugen an der Brustwarze und Einschlafen. Diese Stunde ist geprägt von wunderbaren, unvergesslichen Momenten. Auf einzigartige Weise können Mutter, Baby und Vater in dieser heiligen Stunde Synchronität erleben.

In Medizin und Forschung wird dieser frühe Haut-zu-Haut-Kontakt zwischen Mutter und Kind in dieser Stunde wärmstens empfohlen. Von der WHO wird er unabhängig vom Geburtsmodus wenn möglich mit der Mutter und sonst mit dem Vater empfohlen. Dieser Kontakt hat einen regulierenden Einfluss auf den kindlichen Organismus, ermöglicht eine erhöhte Sensibilität der Mutter und bewirkt positive Effekte auf Stillbeginn und -dauer.

Haut zu Haut Kontakt in der ersten Stunde: Evidenzen zeigen stabilere Blutzuckerspiegel und Thermoregulation, höhere kardio-respiratorische Stabilität, weniger Stress, Unterstützung der Mutter-Kind-Bindung, früheren Stillbeginn und höhere Stilldauer sowie höhere Überlebenschancen für Frühgeborene. 

Eine heilbringende Zeit
Epigenetische Auswirkungen auf den Glukokortikoidrezeptor und damit die Stressrelulation sind erst im Tiermodell und dann beim Menschen nachgewiesen worden. Kuscheln, Streicheln und Stillen hat bei Mäusen und Menschen eine Prägung der Stressachse zufolge. Je mehr gekuschelt und gestreichelt wird, desto geringer die Stressempfindlichkeit der Mäuse- und Menschenkinder.

Hier und Jetzt
Der Zauber der erste Stunde bleibt. Es huscht ein Lächeln und den meisten Menschen wird ganz warm und selig ums Herz, wenn sie in das Gesicht eines Neugeborenen schauen. Etwas umgibt diese zarten Wesen, das irgendwie spürbar ist und uns erinnert. In meiner kinematischen Forschung habe ich die Spontanbewegung von Neugeborenen untersucht und das entdeckt, was ich heute Urbewegung nenne. Die kleinen Babys sind noch so durchlässig, dass sie bei Ihnen am leichtesten zu erspüren ist. Es ist eine Bewegung, die mit den Händen spürbar ist und über den Körper hinausgeht. Eine genaue Analyse der Bahnen der Hand- und Fußbewegungen läßt auf sie zurückschließen und es sind Elemente in ihr zu finden, die sich auch in der Embryonalentwicklung zeigen. Es sind Zentrierungs- und Expansionsbewegungen und es sind Phasen von harmonischen Verhältnissen, die sich abwechseln. Es sind die Umkehrpunkte der Bewegungen der Hände und Füße, die sich zeitlich und räumlich synchronisieren und sich in 1:2-Verhältnissen abbilden wie bei Mozart. Diese Zeitverhältnisse sind später auch im Explorationsverhalten von Kleinkindern aufzufinden. Werden ihre Ausflüge in Bezug zu ihren Bezugspersonen ausgewertet, so findet sich genau nach der Hälfte der Zeit eine signifikante Geschwindigkeitserniedrigung. Ein inneres Wissen wie eine innere Uhr, und die Kinder brauchen genau die gleiche Zeit für ihren Rückweg - auch wenn der räumliche Rückweg an sich viel länger oder viel kürzer gewählt wird als der Hinweg. Dieses getragen Sein in Raum und Zeit erinnert an den inneren Raum in der Fruchtblase, der jeden Menschen auf wundersame Weise auch nach der Geburt noch umgibt. 

Referenzen und mehr dazu finden Sie in den Artikeln "Wie wogende Wellen" und  "Von der Empfängnis bis zur Geburt" unter dem Menüpunkt Artikel sowie dem dort genannten Buchkapitel "Traces of the invisible world of becoming - Epigenetic correlates of prenatal psychology".